BAD AIBLING. Nach dem folgenschweren Zugunglück bei Bad Aibling am 9. Februar 2016 mit bislang 11 Toten, 24 schwer- und 61 leichtverletzten Personen, hat die Staatsanwaltschaft Traunstein gegen den 39-jährigen Fahrdienstleiter ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung und des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet.

Am Faschingsdienstag stießen gegen 06.47 Uhr ein Meridianzug von Holzkirchen nach Rosenheim und ein Meridian-Zug von Rosenheim nach Holzkirchen auf Höhe Bad Aibling zusammen. Die beiden Züge kollidierten an der eingleisigen Bahnstrecke zwischen dem Haltepunkt Bad Aibling Kurpark und dem Bahnhof Kolbermoor. Nach derzeitigem Stand wurden 11 Personen getötet, 24 Personen als schwer sowie 61 Personen als leicht verletzt registriert. Wie viele Personen sich tatsächlich in den Zügen befunden haben steht nicht definitiv fest. Es wird von rund 150 Reisenden ausgegangen. Unverletzte haben sich teilweise ohne Registrierung frühzeitig von der Unfallstelle entfernt. Diese werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei Rosenheim unter der Telefonnummer 0049/8031/2000 zu melden, da sie für die weiteren Ermittlungen als wichtige Zeugen von Bedeutung sind.

Die Ermittlungen unter Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft Traunstein sind kompliziert, aufwendig und zeitraubend. Die Sonderkommission der Kriminalpolizei Rosenheim arbeitet eng mit der Bundespolizei, mehreren Gutachtern der Eisenbahnbehörden sowie einem externen Sachverständigen zusammen. Mittlerweil konnten alle drei vorhandenen Datenspeicherkarten (Blackboxes) sichergestellt und ausgelesen werden. Die vollständige Auswertung dieser Daten dauert allerdings noch an. In Hinblick für eine Begutachtung wurden die beiden Triebwägen, weitere technische Datenträger und Aufzeichnungen sowie schriftliche Unterlagen, die in Zusammenhang mit dem Fahrdienstleiter in Bad Aibling stehen, sichergestellt. Parallel dazu wurde mit der Vernehmung von Zeugen des Unglücks begonnen. Dazu gehören die leicht- und schwerverletzten Personen, unverletzte Zuginsassen und Angehörige des Bahnbetriebspersonals. Die Sonderkommission wird den Sachverhalt in den kommenden Wochen und Monaten umfassend untersuchen und dabei auch auf alle rechtlichen Fragen eingehen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nach allen bisherigen Ermittlungen und Erkenntnissen keine Hinweise auf ein technisches Versagen oder technische Mängel.

Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat schon kurz nach dem Unglück gegen den für die Zugabwicklung zuständigen Fahrdienstleiter ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr eingeleitet.

Der Fahrdienstleiter hat sich am Montagnachmittag, 15.02.16, mit seinen Verteidigern einer mehrstündigen Vernehmung gestellt und sich in allen Einzelheiten zu seinem Verhalten im Zusammenhang mit der Zugabwicklung vor dem Unfallgeschehen geäußert. Sein Verhalten ist nicht mit dem für ihn geltenden Regelwerk als Fahrdienstleiter in Einklang zu bringen. Hätte er sich regelgerecht – also pflichtgemäß – verhalten, wäre es nicht zum Zusammenstoß der Züge gekommen. Ein vorsätzliches Fehlverhalten scheidet allerdings aus. Die Einlassung des Beschuldigten zu seinen Handlungen auch zur Verhinderung der bereits anlaufenden Katastrophe muss nun anhand der umfassend gesicherten Daten und den sonstigen Ermittlungsergebnissen überprüft werden. Es ist aber ebenso wichtig mitzuteilen, dass nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen keine Anhaltspunkte für ein technisches Versagen der Züge oder der Signal- und Bremsanlagen erkennbar sind.

„Die Staatsanwaltschaft geht von menschlichem Versagen aus.“


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Text: Staatsanwaltschaft / PP OBS